Beschreibung
„Wol mich des Tages do mir alrerst ist worden kunt“ enthüllt die verlorenen Klänge des Minnesängers Reinmar von Brennenberg, vermutlich aus einem Ministerialengeschlecht der Burg Brennberg nahe Regensburg. Dieses Heft präsentiert alle im Codex Manesse überlieferten Lieder Reinmars und den markanten ‚Brennberger Ton‘, dessen Melodie in der Kolmarer Liederhandschrift bewahrt ist. Entdecke in dieser Edition sowohl originale als auch von Frank S. Wunderlich neu vertonte Minnelieder in historischen Tonarten.
Historischer Kontext und musikalische Überlieferung
Der Minnesang des Mittelalters, zu dem Reinmar von Brennenberg beitrug, ist vornehmlich durch Textüberlieferungen in Sammelhandschriften wie dem Codex Manesse bekannt. Die Große Heidelberger Liederhandschrift dokumentiert 25 Strophen von Reinmar auf fünf Lieder verteilt. Die Melodien sind selten, aber hier in traditionellen Kirchentonarten neu interpretiert, was eine authentische musikalische Annäherung ermöglicht.
Reinmars Leben und Vermächtnis
Wenig ist über das Leben von Reinmar II., dem mutmaßlichen Autor, bekannt. Er stammte aus einem Geschlecht, das eng mit der Geschichte Regensburgs verknüpft war. Die Legenden und historischen Ereignisse rund um die Brennenberger, einschließlich des tragischen Todes von Reinmar III., sind fest in der regionalen Kultur verankert und beeinflussen bis heute die Rezeption seiner Werke.
Die Kunst der Neuvertonung
Frank S. Wunderlich hat es sich zur Aufgabe gemacht, in „Wol mich des Tages do mir alrerst ist worden kunt“ die vier Minnelieder und den Brennberger Ton neu zu vertonen. Diese modernen Interpretationen in dorischen, phrygischen, lydischen und hypomixolydischen Tonarten bieten eine einzigartige Gelegenheit, mittelalterliche Musik auf zeitgemäßen Instrumenten wie der Harfe zu erleben. Begleitet von akkordischen Hilfestellungen, die sich an heutigen Harmonielehren orientieren, sind diese Stücke sowohl für Historiker als auch Musiker eine Bereicherung.
Quellen und akademische Sorgfalt
Die Texte und Melodien basieren auf akribischer Forschung und Editionen wie „Die Sangesweisen der Colmarer Handschrift“ von Paul Runge und „Die große Heidelberger Liederhandschrift“ von Friedrich Pfaff, revidiert von Hellmut Salowsky. Diese wissenschaftliche Gründlichkeit in „Wol mich des Tages do mir alrerst ist worden kunt“ gewährleistet eine Präsentation, die sowohl historisch informiert als auch musikalisch inspirierend ist.
Entdecke die Klänge des Mittelalters
Erfahre die Faszination mittelalterlicher Lyrik und Musik durch „Wol mich des Tages do mir alrerst ist worden kunt“. Dieses Notenheft ist nicht nur eine kulturelle Bereicherung für Musikliebhaber und Historiker, sondern auch eine Brücke, die die Vergangenheit lebendig macht. Es verbindet tiefgreifende musikwissenschaftliche Forschung mit der Leidenschaft für historische Musikperformance. Hol Dir Dein Exemplar heute und lass Dich von den Klängen Reinmars von Brennenberg verzaubern.
Vorwort
Der einstimmige Minnesang des Mittelalters nimmt in der Liedkunst jener Zeit eine hervorragende Stellung ein. Leider sind uns zu den überlieferten Liedtexten nur wenige Melodien erhalten. Insgesamt ist die Zahl der Handschriften mit Melodienaufzeichnungen auffallend gering.
Der Minnesang ist weitgehend nur als Leselyrik durch die großen Sammelhandschriften überliefert, wie z. B. in der Großen Heidelberger Liederhandschrift (C), dem Codex Manesse, zusammengestellt in Zürich in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts.
In der eben erwähnten Prachthandschrift sind 25 Strophen des Reinmar von Brennenberg auf fünf Lieder verteilt überliefert. Die Klagestrophe (Lied IV, 13. Str.) ist in einer anderen Heidelberger Handschrift (H) zu finden.
An biographischen Daten ist von den meisten Minnesängern kaum etwas bekannt. Dieses Schicksal teilt auch Reinmar von Brennenberg mit vielen seinen Dichterkollegen.
Reinmar von Brennenberg entstammt einem oberpfälzischen Geschlecht, das sich nach der Burg Brennberg (etwa 20 km östlich von Regensburg gelegen) nannte. Die Brennenberger waren Ministeriale des Bischofs von Regensburg. Welcher der insgesamt vier Namensträger der Minnesänger war, ist nicht gesichert.
Reinmar I. ist in der Zeit zwischen 1224 bis 1236 urkundlich bezeugt und starb 1238.
Sein Sohn Reinmar II. wird als Verfasser dieser Gesänge vermutet. Er wird wie sein Vater 1224 bzw. 1236 urkundlich erwähnt und starb 1271, vier Söhne überlebten ihn: Wirnto III., Reinmar III., Ruland und Bruno von Brennenberg.
Reinmar III. ist 1272, kurz nach dem Tode seines Vaters Reinmar II., noch unmündig und wird um 1276 bei einer Fehde mit mehreren Gefolgsleuten von Regensburgern Bürgern ermordet. Die Kenntnis über dieses Ereignis inspirierte den Maler zur Miniatur der Manessischen Liederhandschrift, die dem Liedcorpus vorangestellt ist. Sein gewaltsamer Tod lebt als Bremberger-Sage in zahlreichen Liedern (Balladen) bis in das 16. Jahrhundert fort (Artur Kopp, Bremberger-Gedichte, Wien 1908).
Der Sohn seines Bruders Bruno von Brennenberg, Reinmar IV., geboren etwa um 1280, ist ab 1295 urkundlich bezeugt und lebte bis 1326. Sein Wirken fällt schon in die Entstehungszeit der Großen Heidelberger Liederhandschrift, dem Hauptzeugen der Lieder des Brennenbergers. Er wird nicht als Minnesänger in Betracht gezogen.
Die Identifizierung des Verfassers bleibt schwierig, da kein zeitlicher Hinweis oder andere historische Anspielungen in den Liedern zu finden sind. Nur der Nachruf auf die verstorbenen Minnesänger der Str. 13 im Lied IV könnte einen Anhaltspunkt bieten: Die Entstehungszeit dieser Strophe wird um die Mitte des 13. Jahrhunderts (Günther Schweikle, Minnesang, Stuttgart/Weimar 1995) angesetzt. Ob Reinmar der Verfasser dieser Strophe ist wurde teilweise
angezweifelt.
Die höchste Wahrscheinlichkeit, den gesuchten Minnesänger zu identifizieren, fällt auf Reinmar II. Reinmar sieht sich in der Tradition jener Minnesänger, welche er in seinen rühmenden Nachruf erwähnt. Er ist mit deren Können gut vertraut und findet bei ihnen viele Anregungen, besonders bei Ulrich von Singenberg, den er in dieser Strophe an die erste Stelle rückt und in gleich zwei Versen besingt. Andere Motive in seinen Liedern lassen sich auf Reinmar („der Alte“), auf Heinrich von Morungen und auf Walther von der Vogelweide zurückführen.
Überliefert sind in der Heidelberger Liederhandschrift vier Minnelieder (ohne Melodie) und ein außergewöhnlicher Ton (Lied IV), der sogenannte „Brannenberger“ oder „Bremberger“ Ton, dessen Melodie in der Kolmarer Liederhandschrift (t) fol. 672 und in einigen weiteren Quellen aufgezeichnet ist.
Die weiteren Melodien (wise) sind alle durchgehend in den im Mittelalter gebräuchlichen sogenannten Kirchentonarten geschrieben: Dorisch, Phrygisch, Lydisch und Hypomixolydisch. Für eine angemessene Begleitung zum Beispiel auf der Harfe sind diesen Vertonungen wegen der für manche Instrumentalisten ungewohnten Tonarten Akkordbezifferungen als Hilfe für eine vorsichtige Harmonisierung beigegeben. Die Buchstabensymbole orientieren sich am heute gebräuchlichen tonalen Dur-moll-System.
Die Übertragung des Spruchtons im ersten Teil dieses Heftes beruht auf den Ausgaben: Die Sangesweisen der Colmarer Handschrift, hrsg. von Paul Runge, Leipzig 1896, Nachdruck Hildesheim 1965. Die sangbaren Melodien zu Dichtungen der Manessischen Liederhandschrift hrsg. von Ewald Jammers unter Mitarbeit von Hellmut Salowsky, Wiesbaden 1979.
Die Texte (wort) sind entnommen aus: Die große Heidelberger Liederhandschrift in getreuen Textabdruck, hrsg. von Friedrich Pfaff, 2. verb. und erg. Auflage bearbeitet von Hellmut Salowsky, Heidelberg 1995. Hinsichtlich einiger Korrekturen am Text und der Klagestrophe (Lied IV, 13. Str.) folge ich der Carl von Kraus herausgegebenen Textausgabe: Deutsche Liederdichter des 13. Jahrhunderts. Bd. I: Text, Band II, Kommentar, besorgt von Hugo Kuhn, 2. Auflage, durchgesehen von Gisela Kornrumpf. Tübingen 1978.
Beim Abdruck sind nur einige eindeutige Fehler und Entstellungen konjiziert. Ergänzungen sind durch runde Klammern angezeigt. Wenn ein auslautendes e vor einen anlautenden Vokal tritt, verliert er meistens seinen Silbenwert, d. h. er wird elidiert. Bei verkürzten Textzeilen können Silben ausfallen, diese werden mit einem + vor der Textzeile bezeichnet.
Frank S. Wunderlich
Autor:in
Frank S. Wunderlich
Frank S. Wunderlich ist eine faszinierende Persönlichkeit, die tief in die Welt der mittelalterlichen Musik eingetaucht ist. Geboren 1960 in Gießen/Oberhessen, begann seine musikalische Reise als Knabensopran bei den “Pueri Cantores St. Bonifatius” in Gießen. Diese Erfahrung legte den Grundstein für seine spätere Liebe zur mittelalterlichen Musik.
Frank verbrachte ein Jahr in einem Zisterzienserkloster, wo die tägliche Pflege des altehrwürdigen Zisterzienserchorals seine Leidenschaft für mittelalterliche Musik weckte. Nach seinem Abitur studierte er Philosophie, Musikwissenschaft und Theologie in Frankfurt am Main und Würzburg. 1986 schloss er sein Studium in Katholischer Theologie erfolgreich ab.
Seit 1988 lebt Frank am Untermain, zuerst in Großheubach und jetzt in Lützelbach. Seine Liebe zur mittelalterlichen Musik blieb ungebrochen, und er vertiefte sein Wissen in speziellen Kursen. Frank ist nicht nur ein Liebhaber der mittelalterlichen Musik, sondern auch ein aktiver Teil dieser Szene.
Er war Mitbegründer der Gruppe “Vogelfrey und unvuortzaget” im Jahr 1995 und spielte ab 2001 in kleineren Besetzungen wie “Bluomenrot” oder “Vrouwenheide”. Darüber hinaus veröffentlichte er verschiedene Liederzyklen von Minnesängern, darunter den des Minnesängers Von Obernburg aus dem 13. Jahrhundert.
Frank’s Diskographie ist beeindruckend und spiegelt seine Hingabe zur mittelalterlichen Musik wider. Er hat an zahlreichen Aufnahmen teilgenommen und wurde 2005 zum Minnesänger des Jahres gekürt. Seine musikalische Reise führte ihn zu verschiedenen Orten, darunter Schloss Spangenberg, Burg Falkenstein im Harz und Burg Trifels in der Pfalz, wo er die Schönheit mittelalterlicher Musik zelebrierte.
Seine tiefe Verbundenheit zur mittelalterlichen Musik geht jedoch weit über seine Karriere hinaus. Frank ist Dekanatsbeauftragter für Liturgie und Kirchenmusik und leitet eine Choralschola. Die mittelalterliche Musik ist nicht nur ein beruflicher Aspekt, sondern auch ein persönlicher Ausgleich zu seinen anderen Aufgaben.
Frank S. Wunderlich findet in der mittelalterlichen Musik eine innere Kraft, die die alten Melodien innewohnt. Seine leidenschaftliche Hingabe und sein tiefer Respekt für diese musikalische Tradition machen ihn zu einer bedeutenden Figur in der Welt der mittelalterlichen Musik.