Beschreibung
Das Schedelsche Liederbuch markiert einen Meilenstein in der Geschichte der Musik, als eine der ersten Liedsammlungen, die den Beginn der neuen musikalischen Ära der Renaissance im deutschen Sprachraum einläuteten. Entstanden in Nürnberg, der Heimatstadt des renommierten Arztes und humanistischen Geschichtsschreibers Hartmann Schedel, stellt diese Sammlung einen wertvollen Schatz dar, der einen tiefen Einblick in die musikalische Vergangenheit dieser blühenden Stadt bietet.
Historische Bedeutung
Die Entstehung dieses Werks in Nürnberg, vermutlich während Schedels Studienzeit in Leipzig, und seine umfassende Sammlung von insgesamt 150 Liedstücken sind ein Zeugnis der reichen musikalischen Kultur der Renaissance in Deutschland. Diese spezielle Auswahl an ein- und zweistimmigen Tenorliedern deutscher Provenienz beleuchtet einen faszinierenden Ausschnitt aus dem Gesamtwerk und veranschaulicht Schedels Beitrag zur Bewahrung der frühen Musik dieser Epoche.
Auswahl und Inhalt
Die sorgfältig kuratierte Auswahl dieser Edition basiert auf der Faksimileausgabe aus der Reihe “Das Erbe deutscher Musik”. Sie fokussiert sich auf ein- und zweistimmige Tenorlieder und bietet eine musikalische Reise durch die Renaissance. Besonders hervorzuheben sind die einstimmigen deutschsprachigen Lieder “Ach scheiden bitter ist dein art” und “Ach scheiden wie gar betrubstu mich”, die durch Harmonisierungsvorschläge ergänzt werden, sowie mehrstimmige Sätze, die die musikalische Vielfalt der Zeit widerspiegeln.
Übertragung und musikalische Feinheiten
Die Übertragung der Lieder in diese Edition von “Das Schedelsche Liederbuch” erfolgte mit akribischer Sorgfalt, um die Integrität der Originalkompositionen zu wahren. Besonders bemerkenswert ist die Berücksichtigung des “Wechselrhythmus”, der die Musikstücke auszeichnet und traditionelle Taktschemata herausfordert. Die Mensuraltaktierung dient hierbei lediglich als Orientierungshilfe, um die ursprüngliche musikalische Absicht so authentisch wie möglich zu transportieren.
Die Einzigartigkeit der Sammlung
Das Schedelsche Liederbuch besticht nicht nur durch seine historische Bedeutung, sondern auch durch die Leidenschaft Hartmann Schedels für das Sammeln von Werken, die einen unvergleichlichen Einblick in die musikalische Landschaft Nürnbergs während der Renaissance bieten. Diese Sammlung ist eine unschätzbare Ressource für Musiker, Historiker und Musikbegeisterte gleichermaßen.
Ergänzungen und weiterführende Einblicke
Diese Edition “Das Schedelsche Liederbuch” wird durch einen Anhang mit zusätzlichen Liedern, Anmerkungen und Danksagungen bereichert, die weitere Einblicke in die musikalische Praxis der Zeit bieten. Ein besonderes Highlight ist das Stück von Conrad Paumann, das einen Eindruck von den dreistimmigen Liedsätzen der Sammlung vermittelt und die musikalische Vielfalt dieser Epoche weiter unterstreicht.
Schlussbetrachtung
Das Schedelsche Liederbuch ist eine unerlässliche Bereicherung für jede musikalische Sammlung, die nicht nur das musikalische Erbe bewahrt, sondern auch zur Studie und Aufführung der frühen Musik der Renaissance einlädt. Mit seinem speziellen Fokus auf ein- und zweistimmige Tenorlieder eröffnet es eine einzigartige Perspektive auf die musikalische Diversität und den kulturellen Reichtum dieser bedeutenden Epoche.
Vorwort
Das Schedelsche Liederbuch gehört zu den ersten Liedsammlungen der im deutschen Sprachraum anbrechenden neuen Musik der Renaissance. Zu diesen Sammlungen zählen das Glogauer Liederbuch (um 1480), das Rostocker Liederbuch (um 1470) und das Lochamer Liederbuch (um 1460). Der letztgenannten Sammlung steht das Schedelsche Liederbuch sowohl räumlich als auch zeitlich am nächsten. Das Lochamer Liederbuch entstand höchstwahrscheinlich in Nürnberg.
Dort wurde am 13. Februar 1440 auch der Arzt und humanistische Geschichtsschreiber Hartmann Schedel geboren. In den Jahren 1456 bis 1461 studierte er Medizin in Leipzig und setzte danach seine Ausbildung mit juristischen Studien fort. 1463 bis 1466 voll endete er sein Medizinstudium in Padua und schloss mit der Promotion ab. Seit 1467 war er wieder in Deutschland als Stadtarzt zunächst in Nördlin gen und Amberg tätig, dann ab 1481 endgültig in seiner Heimatstadt Nürnberg. Hartmann Schedel war leidenschaftlicher Sammler von Handschriften und Büchern.
Dieser Sammelleidenschaft ist u.a. auch die Existenz des Liederbuches zu verdanken. Sein Hauptwerk ist die vom ihm 1493 veröffentlichte Weltchronik, das größte Buchprojekt, das in lateinischer und deutscher Sprache vor 1500 in Nürnberg erschien. Am 28. November 1514 starb er in seiner Heimatstadt.
Das Liederbuch stellte er während seiner Studienzeit in Leipzig zusammen. Noch vor seinem Italienaufenthalt hatte er es weitgehend abgeschlossen und legte ein Register an. Nach seiner Rückkehr aus Italien fügte er bis 1467 noch einige Lieder hinzu.
Insgesamt besteht der Liedcorpus aus 150 Stücken. Von 23 Liedern ist nur der Text auf gezeichnet. Unter den verbleibenden 127 Stücken überwiegt der Anteil an dreistimmigen Sätzen. 15 Nummern sind in lateinischer Sprache, 35 Werke meist französischer Herkunft bzw. aus Burgund oder Italien. Die verbleibenden 77 Kompositionen sind entweder deutsche Liedsätze oder Spielstücke.
Die hier vorliegende Auswahl deutscher Provenienz beschränkt sich auf die ein- bzw. zweistimmigen Tenorlieder, welche nur einen geringen Teil des Gesamtwerkes ausmachen.
Als Vorlage für die Übertragung diente die Faksimileausgabe aus der Reihe “Das Erbe deutscher Musik” Band 84, Das Liederbuch des Dr. Hartmann Schedel, herausgegeben von Bettina Wackernagel, Kassel 1978.
Bei der Wiedergabe der Liedtexte sind nur eindeutige Fehler und Entstellungen konjiziert. Ellisionen sind mit einem Unterpunkt versehen. Bei verkürzten Textzeilen werden die entfallenen
Silben mit einem + vor der Zeile bezeichnet.
Autor:in
Frank S. Wunderlich
Frank S. Wunderlich ist eine faszinierende Persönlichkeit, die tief in die Welt der mittelalterlichen Musik eingetaucht ist. Geboren 1960 in Gießen/Oberhessen, begann seine musikalische Reise als Knabensopran bei den “Pueri Cantores St. Bonifatius” in Gießen. Diese Erfahrung legte den Grundstein für seine spätere Liebe zur mittelalterlichen Musik.
Frank verbrachte ein Jahr in einem Zisterzienserkloster, wo die tägliche Pflege des altehrwürdigen Zisterzienserchorals seine Leidenschaft für mittelalterliche Musik weckte. Nach seinem Abitur studierte er Philosophie, Musikwissenschaft und Theologie in Frankfurt am Main und Würzburg. 1986 schloss er sein Studium in Katholischer Theologie erfolgreich ab.
Seit 1988 lebt Frank am Untermain, zuerst in Großheubach und jetzt in Lützelbach. Seine Liebe zur mittelalterlichen Musik blieb ungebrochen, und er vertiefte sein Wissen in speziellen Kursen. Frank ist nicht nur ein Liebhaber der mittelalterlichen Musik, sondern auch ein aktiver Teil dieser Szene.
Er war Mitbegründer der Gruppe “Vogelfrey und unvuortzaget” im Jahr 1995 und spielte ab 2001 in kleineren Besetzungen wie “Bluomenrot” oder “Vrouwenheide”. Darüber hinaus veröffentlichte er verschiedene Liederzyklen von Minnesängern, darunter den des Minnesängers Von Obernburg aus dem 13. Jahrhundert.
Frank’s Diskographie ist beeindruckend und spiegelt seine Hingabe zur mittelalterlichen Musik wider. Er hat an zahlreichen Aufnahmen teilgenommen und wurde 2005 zum Minnesänger des Jahres gekürt. Seine musikalische Reise führte ihn zu verschiedenen Orten, darunter Schloss Spangenberg, Burg Falkenstein im Harz und Burg Trifels in der Pfalz, wo er die Schönheit mittelalterlicher Musik zelebrierte.
Seine tiefe Verbundenheit zur mittelalterlichen Musik geht jedoch weit über seine Karriere hinaus. Frank ist Dekanatsbeauftragter für Liturgie und Kirchenmusik und leitet eine Choralschola. Die mittelalterliche Musik ist nicht nur ein beruflicher Aspekt, sondern auch ein persönlicher Ausgleich zu seinen anderen Aufgaben.
Frank S. Wunderlich findet in der mittelalterlichen Musik eine innere Kraft, die die alten Melodien innewohnt. Seine leidenschaftliche Hingabe und sein tiefer Respekt für diese musikalische Tradition machen ihn zu einer bedeutenden Figur in der Welt der mittelalterlichen Musik.