Beschreibung
Eines der Hauptwerke der berühmten französischen Schriftstellerin George Sand, „Die Musikanten-Zunft“, ist nun endlich in deutscher Sprache verfügbar! Ein Roman, der faszinierende Einblicke in der Welt der französischen Dudelsack- und Drehleierspieler in der Mitte des 19. Jahrhunderts vermittelt.
Die weltweit bekannte Schriftstellerin George Sand verbrachte einen Großteil ihres Lebens in Nohant, einem kleinen Ort im französischen Berry. Obwohl die meisten ihrer Romane ins Deutsche übersetzt wurden, war ausgerechnet eines Ihrer Hauptwerke, der 1853 erschienene Roman „Les Maîtres Sonneurs“, bislang nicht in deutscher Sprache erhältlich.
Bei Recherchen fand der Herausgeber Christoph Pelgen nun eine deutsche Übersetzung von „Die Musikanten-Zunft“ von Claire von Glümer aus dem Jahr 1856, die überaus gelungen, kenntnisreich und stimmig ist und die wir in dieser Ausgabe unverändert übernehmen. Die charmante und gut lesbare Sprache der Glümerschen Übersetzung unterstreicht vortrefflich die Atmosphäre und Faszination des Romans.
Schauplatz des Romans „Die Musikanten-Zunft“ um die Jugendfreunde Joseph, Steffen und Brülette ist das ländliche Berry des späten 18. Jahrhunderts. George Sand erzählt vom bäuerlichen Alltagsleben in Zentralfrankreich, vom Ehrenkodex der Maultiertreiber und Holzfäller, von rivalisierenden Musikern und von der schwierigen Suche ihrer Protagonisten nach Glück und ihrem Platz in dieser Welt. Die Figuren der Erzählung, die Landschaft, die Schilderung des Alltags und die detaillierten Beschreibungen der Musik, der Tanzfeste, des Reisens etc. werfen einen Blick zurück in eine für immer verlorenen gegangene Epoche.
„Man glaubt nämlich dort noch allen Ernstes, was auch hier noch manchmal Glauben findet,
nämlich daß man seine Seele dem Teufel verschreiben muß, wenn man Musiker werden will,
und daß dann Satan eines Tages kommt, dem Musikanten die Sackpfeife aus den Händen reißt,
sie auf seinem Rücken zerschlägt und ihn dann zwingt, sich selbst ein Leid anzuthun.“
Der Originaltitel dieses Buchs „Die Musikanten-Zunft“ stand Pate für eines der wichtigsten Festivals für traditionelle Dudelsack- und Drehleiermusik in Zentralfrankreich im 20. Jahrhundert: Die „Rencontres internationales des luthiers et maîtres sonneurs“, fanden seit 1976 nur wenige Kilometer von Nohant entfernt in St. Chartier statt und entwickelten sich zu einem Mekka der Musiker, Instrumentenbauer und Tänzer. Dort wurden die Musik und die alten Instrumente wiederentdeckt und weiterentwickelt, über die George Sand in diesem Roman so wundervoll berichtet.
Ein ausführlicher Anhang mit Erläuterungen und Anmerkungen vervollständigt die vorliegende Ausgabe.
Vorwort
1987 hörte ich während meines Zivildienstes in Mainz zum ersten Mal traditionelle Tanzmusik aus Frankreich. Die melancholisch-feierlichen und mitreißenden Klänge von Dudelsack, Drehleier und Akkordeon waren für mich Neuland, sollten mich aber von da an mein ganzes Leben begleiten.
Kurz darauf kaufte ich mir meinen ersten französischen Dudelsack und fuhr zu Beginn der 90er Jahre zu einem großen Festival nach St. Chartier (Berry, Zentralfrankreich). Dieses Treffen fand erstmals 1976 statt, zum Andenken an den 100. Todestag der französischen Schriftstellerin George Sand, die einen Großteil ihres Lebens in der Nähe von St. Chartier verbracht hatte. Eines ihrer Hauptwerke hatte Pate bei der Namensfindung des Festivals gestanden: „Rencontres internationales de luthiers et maîtres sonneurs“ (Internationales Treffen von Instrumentenbauern und „maîtres sonneurs“). 25 Jahre lang versuchte ich vergeblich an eine deutsche Übersetzung dieses Romans zu gelangen. Viele Werke George Sands wurden ins Deutsche übersetzt und sind auch noch über den Buchhandel erhältlich, aber ausgerechnet „Les Maîtres Sonneurs“ war nirgendwo aufzufinden. Die französische Originalausgabe war für meine rudimentären Schulfranzösisch- Kenntnisse deutlich zu anspruchsvoll.
Im November 2017 stieß ich bei einer meiner regelmäßigen Recherchen nach Neuheiten über etwaige Übersetzungen der „Maîtres Sonneurs“ auf einen kleinen Hinweis: Kurze Zeit nach Veröffentlichung des Romans hat es anscheinend bereits 1856 eine deutsche Version – „die Musikanten-Zunft“ – gegeben! Meine Suche nach einer antiquarischen Ausgabe hiervon blieb jedoch erfolglos. Eine weltweite Überprüfung der in Bibliotheken verzeichneten Exemplare erzielte gerade einmal drei Treffer: in Chicago, New York und Straßburg. Allerdings sind diese nicht ohne weiteres ausleihbar. Die in Chicago befindliche Ausgabe wurde glücklicherweise vor kurzem digitalisiert und der Öffentlichkeit als gemeinfreies Werk online zur Verfügung gestellt. Mit großer Faszination habe ich diese Geschichte über die rivalisierenden Dudelsackspieler der Heimat George Sands gelesen und den Beschluss gefasst, selber aktiv zu werden, damit dieser besondere Roman nach 155 Jahren (eine zweite Auflage der Übersetzung erschien 1863) endlich wied er in Buchform seine deutschsprachigen Leser erreichen kann.
Die Übersetzung Claire von Glümers ist überaus gelungen und stimmig, sodass ich keinen Augenblick darüber nachdachte eine moderne Übersetzung anzustreben. George Sand hat die Handlung ihres Romans in das späte 18. Jahrhundert gelegt, sie hat also einen „historischen“ Roman geschrieben. Die Figuren ihrer Erzählung, die Landschaft, ihre Schilderung des Alltags und die detaillierten Beschreibungen der Tanzfeste, des Reisens etc. scheinen zu einer für immer verlorenen gegangenen Epoche zu gehören.
Hier erweist sich die Glümersche Übersetzung als Glücksgriff: Durch die altmodische Sprache und in Vergessenheit geratene Wörter wird der Leser direkt in die Handlung gezogen. Es ist eine literarische Zeitreise, die tiefe Sehnsucht weckt nach einer Region, einer vergangenen Gesellschaft, nach Authentizität. George Sands Romanhelden sind so treffend und pointiert gezeichnet, dass man gebannt ihrem Erzähler Étienne (Steffen) Depardieu zuhört, Sympathien und Widerwillen gegenüber einzelnen Figuren entwickelt.
Mich überkam nach Beendigung der Lektüre des Romans ein spontanes Fernweh nach dem Berry. Man muss einfach dort hinfahren, um dem Ort der Handlung nahe zu sein, die Wälder zu durchstreifen, dem Weg von Steffen, Brülette und Hüriel zu den Holzfällern in das Bourbonnais zu folgen.
Die Musik innerhalb des Romans, die Bourrée-tanzenden Bauern und Holzfäller sowie die Rituale der Dudelsackspieler-Bruderschaft, welche nahezu geheimbündlerische Züge trägt, sind so lebhaft beschrieben, dass diesem Werk ein wesentlicher Anteil an dem Revival und der Entwicklung der aktuellen französischen „Bal Folk“-Musik zugesprochen werden muss. Als Multiplikator hat das Festival in St. Chartier zentralfranzösische Musik über einen Zeitraum von 32 Jahren in ganz Europa und darüber hinaus bekannt gemacht. Das Buch „Les Maîtres Sonneurs“ ist durch das Festival zu einem Kultroman der Szene geworden, obgleich er von den wenigsten (vor allem von uns Deutschen, Österreichern und Schweizern) gelesen worden sein dürfte. Eine Neuausgabe war seit langem überfällig.
Ich habe mich dafür entschieden, die Übersetzung aus dem Jahr 1856 unverändert zu übernehmen, um das Gesamtbild nicht zu stören. Dem heutigen Leser fallen sofort vermeintlich falsche Schreibweisen auf, die einfach dem Umstand geschuldet sind, dass die Übersetzung des Romans vor der Normierung der deutschen Rechtschreibung angefertigt worden ist. Das anfängliche Befremden hierüber weicht jedoch schnell einer gewissen Faszination. Die heute nicht mehr gebräuchlichen Wörter und Redewendungen sowie Ortsangaben und Besonderheiten der Glümerschen Übersetzung habe ich im hinteren Teil des Buches, direkt im Anschluss an den Roman, in dem umfangreichen Anmerkungs teil kommentiert.
Glücklicherweise konnte ich den fehlenden Text des Chicagoer Digitalisats (Erster Theil, S. 223 und 224; Abriss im unteren Drittel des Blattes) anhand einer alten Kopie der verschollenen Marburger Ausgabe von 1863 rekonstruieren. Der Drehleierbauer Helmut Gotschy kam in den frühen 1970er Jahren in ihren Besitz und stellte sie mir freundlicherweise zur Verfügung.
Wer nach der Lektüre des Romans neugierig auf die Entstehungsgeschichte der „Musikanten-Zunft“ geworden ist: Am Ende dieses Buches befindet sich ein ausführliches Nachwort mit Informationen zur Autorin, zur Übersetzerin und zum Editionsverlauf des Werkes.
Seit November 2017 beschäftige ich mich nun mit der Aufbereitung der „Musikanten-Zunft“. Ich habe Dutzende anderer Romane von George Sand gelesen, um mir ein Gesamtbild über ihr Oeuvre zu verschaffen und um die „Maîtres Sonneurs“ darin einordnen zu können. Darüber hinaus habe ich diverse Biografien über die Autorin gelesen, Artikel in Fachbüchern, Kochrezepte aus ihrer Hand, das überragende Buch von Kerstin Wiedemann „Zwischen Irritation und Faszination – George Sand und ihre deutsche Leserschaft im 19. Jahrhundert“ (Gunter Narr Verlag, Tübingen, 2003)… Es ist nun an der Zeit, die Arbeit zu beenden und das Buch in die Hände einer neuen Leserschaft zu übergeben.
Als Partner für dieses Projekt kam für mich von Anfang an nur der „Verlag der Spielleute“ (Fachverlag für Bordunmusik) in Frage. Mein großer Dank gebührt Michael Hofmann, der als Verleger und Freund meine Leidenschaft für traditionelle Musik, das Festival von St. Chartier und die Welt der Dudelsäcke wie kein Zweiter teilt. Die gemeinsame Arbeit an der Neuveröffentlichung der „Musikanten-Zunft“ hat großen Spaß gemacht!
Ebenfalls bedanken möchte ich mich bei meinen Freunden Ulli Rüdiger, Christoph Egerding-Krüger, Sven Puchelt und Corinna Popp sowie meinem Bruder Dr. Franz Stephan Pelgen. Eure Unterstützung bei Übersetzungsfragen, Fachbegriffen aus dem Druckereiwesen und der Buchwissenschaft, eure Korrekturhilfen und euer offenes Ohr haben mir sehr geholfen. Danke! Ein besonderer Dank gebührt meiner Frau Ilknur, die meine erste Zuhörerin und Leserin war und mir den Rücken freigehalten hat, so dass ich mich ganz auf dieses Abenteuer „George Sand und die verschollene Musikanten-Zunft“ einlassen konnte.
Christoph Pelgen
Wendelsheim, den 23.5.2018
Text der Buchrückseite
Endlich ist eines der Hauptwerke von George Sand wieder in deutscher Sprache zu lesen! Die bislang einzige (gelungene und charmante) Übersetzung von 1856 hat diese Neuauflagenach über 150 Jahren mehr als verdient.
Schauplatz des Romans um die Jugendfreunde Joseph, Steffen und Brülette ist das ländliche Berry des späten 18. Jahrhunderts. George Sand erzählt vom bäuerlichen Alltagsleben in Zentralfrankreich, vom Ehrenkodex der Maultiertreiber und Holzfäller, von rivalisierenden Musikern und von der schwierigen Suche ihrer Protagonisten nach Glück und ihrem Platz in dieser Welt.
Ein ausführlicher Anhang mit Erläuterungen und Anmerkungen vervollständigt die vorliegende Ausgabe.
Autor:in
Christoph Pelgen
Geb. 1967 in Wiesbaden, aufgewachsen in Rheinhessen. Mit sechs Jahren erster Musikunterricht (Flöte), gefolgt von Gitarre und Klarinette. Selbststudium von Dudelsack, Bombarde, Mandoline…
Zwischen Zivildienst und Schreinerlehre, 1989/90 auf der Suche nach dem eigenen Ich, einer gemeinsamen europäischen Kultur und der Musik, die mich fasziniert, zu Fuß unterwegs von der Südpfalz nach Santiago de Compostela auf dem Jakobsweg.
Danach Umzug nach Tübingen, wo ich seit Herbst 1990 in der Gruppe La Marmotte meine musikalische Familie gefunden habe.
Seit 1993 selbständiger Musiker, zahlreiche CD Produktionen, Auftritte als Dudelsackspieler beim Staatstheater Stutt gart, mit der Mittelalter-
Rockband Adaro, mit Estampie und L’ham de foc, Dudelsacklehrer, Ensembleleiter und Band-Coach. Gründer der „Wurmlinger Zupfkapelle Hilaritas“ und der 20er Jahre Band „Die Croonies“, passionierter Notensammler und Ukulele-Enthusiast.
Durch das Studieren traditioneller Melodien jedweder Region die eigenen musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten zu finden ist mein erklärtes Ziel. Musik als Gefühl, nicht als Wettkampf – das bewegt mich.